(LA)HORDE

Julia Stoschek Foundation zeigt eine Auswahl an Videoarbeiten des Kollektivs (LA)HORDE in Einzelausstellung


In seiner ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland zeigt das Kollektiv (LA)HORDE eine Auswahl an Videoarbeiten, deren choreografischer Ansatz sich mit Ritualität, dem klassischen Tanz, Subkulturen und dem Alltag auseinandersetzt. Während der Eröffnung zeigt das Kollektiv mit To Da Bone eine seiner einflussreichsten Performances, wodurch die Räume der Julia Stoschek Foundation Berlin sowohl als Bühne als auch als Ausstellungsraum fungieren. 

(LA)HORDE ist bekannt dafür, die Grenzen des klassischen Tanzes zu verschieben und untersucht, wie Körper im öffentlichen Raum, in sozialen Netzwerken und auf der Bühne dargestellt werden. Die Bühne ist für (LA)HORDE ein politischer Ort von sich überschneidenden choreografischen Sprachen. Aus diesem Verständnis heraus beschreibt das Kollektiv seine Praxis als Post-Internet-Tanz. Damit ist ein Genre gemeint, das von der digitalen Zirkulation unterschiedlichster Stile und Rhythmen beeinflusst ist. Mit den Mitteln des Tanzes oder, allgemeiner, durch die Bewegung des Körpers untersucht das Kollektiv Gesten der Transgression und des Widerstands von Individuen und Gruppen. LA(HORDE) performt Protest, mischt sich unter Festivalgänger*innen und lädt Amateur*innen ein, die große Bühne für sich zu reklamieren. 

Die Arbeit von (LA)HORDE regt uns dazu an, über die drastischen Veränderungen nachzudenken, die unsere Bewegungen und Verhaltensweisen in den letzten fünfzehn Jahren durch die Allgegenwart von Telefonen, Überwachungskameras und sozialen Medien erfahren haben. Wir haben uns daran gewöhnt, in privaten wie öffentlichen Räumen für Kameras zu performen, mit und ohne Einverständnis. Gleichzeitig hat der allgemeine Zugang zu Aufnahmetechnologien und Massenvertriebswegen die Möglichkeiten von Performance und Tanz durch neue Formen des Ausdrucks und der Identifikation, definiert von jeweils spezifischen gemeinsamen Codes, erweitert. In einigen Fällen wird so auch politischer Protest möglich.Die jüngsten Videos aus dem Iran, die Frauen und Mädchen zeigen, die in den Straßen tanzen und damit ihre Ablehnung gegenüber dem Regime zum Ausdruck bringen, sind ein Beispiel dafür. Das Ziel von (LA)HORDE ist es, die Kraft, die unseren Körper innewohnt, freizulegen, und dabei Erfahrungen zu schaffen, die tief in uns emotional und psychologisch widerhallen. 

Kuratorin: Lisa Long
Assistenzkuratorin: Line Ajan

Eröffnung: 26. April 2023, 18–22 Uhr 
Performances: 26. + 27. April 2023

Julia Stoschek Foundation (Berlin)
Leipziger Str. 60
10117 Berlin

Über (LA)HORDE:
(LA)HORDE ist ein multidisziplinäres Kollektiv, das 2013 von den Künstler*innen Marine Brutti, Jonathan Debrouwer und Arthur Harel gegründet wurde. In Filmen und Performances (Novaciéries, 2015; The Master’s Tools, 2017; Cultes, 2019) sowie in choreografischen Arbeiten (To Da Bone, 2017; Marry Me in Bassiani, 2019; Room With a View, 2020) hinterfragt (LA)HORDE die politische Bedeutung von Tanz und nimmt choreografische Formen des Widerstands in den Blick, sowohl gemeinschaftliche als individuelle, von Raves über traditionelle Tänze bis zu Jumpstyle. 

Seit 2019 leitet (LA)HORDE das Ballet National de Marseille, wo das Kollektiv unter anderem mit Choreograph*innen wie Lucinda Childs, Cecilia Bengolea und Oona Doherty zusammengearbeitet hat. Seine Produktionen wurden in zahlreichen europäischen Ländern gezeigt, u. a. im Théâtre de la Ville in Paris, beim 15. Internationalen Festival für zeitgenössischen Tanz in Venedig oder im DeSingel in Antwerpen. Im August 2023 wird (LA)HORDE in Berlin eine neue Produktion im Rahmen von Tanz im August präsentieren, die anschließend bei Kampnagel in Hamburg zu sehen sein wird. Das Kollektiv hat mit Musiker*innen wie Rone und Sam Smith, Modefirmen wie Burberry und Isabel Marant, Regisseur Spike Jonze oder dem Science-Fiction-Autor Alain Damasio zusammengearbeitet.

Die Performance- und Videoinstallationen von (LA)HORDE wurden im Centre Pompidou, im Palais de Tokyo, in der Fondation Cartier in Paris und im HangarBicocca in Mailand gezeigt. Die Videoinstallation Cultes ist seit kurzem Teil der Sammlung des Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris.