Wie aus einem Guss
Millimetergenaue Dachkonstruktion aus Schieferplatten
Das Siedlungshaus in Grevenbroich wurde 1940 errichtet und umfasst eine Wohnfläche von ungefähr 80 m², die sich auf 35 m² Keller, 45 m² Erdgeschoss und 35 m² Dachgeschoss aufteilen. Da der Keller, der dicke Stampfbetonwände aufwies, weitgehend trocken war, und sich die Bimssteinwände des Erd- und Dachgeschosses in einem guten Zustand präsentierten, beschloss man, die Bausubstanz weitgehend zu erhalten und lediglich auszubauen.
Bauherr und zugleich Architekt war und ist Jon Patrick Böcker. Als Verfechter einer modernen klaren Architektursprache bevorzugt er es in der Regel, ein Gebäude auf das Wesentliche zu reduzieren. Da das Haus jedoch städtebaulich betrachtet Teil einer Siedlung ist, schien es sinnvoll, die Charakteristik des Altbaus und damit auch das Bild der Straße zu erhalten. Somit ließ der Bauherr das Siedlungshäuschen in der ursprünglichen, traditionellen Geometrie bestehen und erweiterte es zum Garten hin auf insgesamt 148 m². Gelungen ist dies durch einen massiven Erweiterungsbau, der zwei Kuben umfasst, und das Erdgeschoss des Altbaus durchdringt. Eine hölzerne Gaube, die auf dem Erdgeschoss-Anbauaufgesetzt ist, erweitert das Dachgeschoss. „Keine Dachüberstände, keine Fensterbänke, keine Rinnen, keine Erker“ lautete dabei der grundlegende Entwurfsgedanke. Auf der Suche nach einem Material, das diese Idee umsetzen kann, fiel die Wahl auf die symmetrische Deckung von Rathscheck Schiefer, die der Hersteller seit 2007 anbietet. Dabei handelt es sich um 1 cm dicke Schieferplatten, die es bis zu einer Größe von 60 x 60 cm gibt. Das besondere hierbei: Die Platten werden nicht überdeckend verlegt, sondern mitoffenen, etwa einen Zentimeter breiten Fugen auf einer Aluminiumkonstruktion mit Edelstahlklammern montiert. „Uns gefiel vor allem die im Ursprung dunkle Erscheinung, die dennoch mit den vielfältigen Oberflächen und dem seidigen Glanz je nach Licht und Jahreszeit eine vielseitige, lebhafte Optik entwickeln kann“, begründet der Architekt seine Wahl. Darüber hinaus sorgt der Schiefer gerade im Zusammenspiel mit der hinterlüfteten Holzfassade des Anbaus für eine interessante Wirkung. Bevor das beauftragte Dachdeckerunternehmen Markus Janßen mit der Arbeit beginnen und einen Monolith entstehen lassen konnte, war eine aufwändige Vorplanung erforderlich. Denn was heute wie aus einem Guss wirkt, basiert auf einer millimetergenauen Planung und Ausführung. Schließlich musste die exakt im rechten Winkel zueinander stehende Schieferhülle über den Altbau gestülpt werden, was sorgfältige Vermessungsarbeiten erforderte. Während dieser Arbeiten stellten die Handwerker fest, dass die alten Wände bis zu vier Zentimeter vom Ideal abwichen. Um dies auszugleichen, entwickelten sie an der Wand eine 220 mm auskragende Aluminiumunterkonstruktion.
Die Aluminiumschwerter wurden mit Hilfe eines Lasers exakt eingemessen und auf Thermostop-Unterlagen fixiert. Um eine genaue Rasterung der Wandfenster mit möglichst wenigen Schnitten der Schieferplatten zu erzielen, wurden unter anderem einige Fensteröffnungen geringfügig verschoben, aber der neuen Fassade nicht komplett untergeordnet. Ziel war es, die historischen Fenstergrößen zu erhalten und jeweils nur an zwei Seiten dem Raster der Fassade anzupassen. Die Dachkonstruktion mit einem wasserdichten Unterdach ist weitgehend neu entstanden. Nach den Planungen des Architekten sind die Dachfenster komplett flächeneben und im Raster montiert, wobei die Konstruktion für die flächenbündigen Dachfenster aus dem Wintergartenbau stammen. Völlig neuartig ist dabei die komplett unsichtbare Regenrinne die vollständig unter die Schieferdeckung versenkt wurde.
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