Bugholz, vielschichtig
Thonet und das moderne Möbeldesign
Anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums des weltbekannten Unternehmens Thonet lädt das MAK zu einer Zeitreise durch das moderne Möbeldesign. Die innovativen Bugholzmöbel von Michael Thonet begründeten eine der erfolgreichsten Möbelmarken der Welt und schrieben Stilgeschichte. Die Ausstellung Bugholz, vielschichtig. Thonet und das moderne Möbeldesign konfrontiert das faszinierende Thonet-Programm mit zahlreichen weiteren ästhetisch und historisch prägenden Exponaten. Über eine chronologisch angelegte Gesamtschau hinaus werden die legendären Thonet-Möbel erstmals breit in die technologische, typologische, ästhetische und historische Entwicklung des Möbeldesigns eingebettet.
Mitte des 19. Jahrhunderts brach der deutsche Tischlermeister Michael Thonet (1796–1871) von Boppard am Rhein nach Wien zu einer einzigartigen Erfolgsgeschichte auf: In Österreich perfektionierte und patentierte er die von ihm entwickelte Bugholztechnik und begründete das größte Möbelimperium des 19. Jahrhunderts. Der endgültige Durchbruch gelang ihm mit dem ab 1859 produzierten ikonischen Stuhl Nr. 14, dem Inbegriff des sogenannten Kaffeehausstuhls. Die neuartige Technologie des Biegens von massivem Buchenholz machte erstmals die Produktion von Möbeln in industriellen Dimensionen möglich. Der Sessel Nr. 14 ist bis heute eines der weltweit meistverkauften Möbel und gilt als unbestrittener „Klassiker“ des modernen Industriedesigns.
Die Ausstellung Bugholz, vielschichtig. Thonet und das moderne Möbeldesign lässt die gesamte Firmengeschichte von der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute Revue passieren. Lückenlos erzählt sie die Entwicklungsschritte der Bugholz-Technologie, den Übergang vom Handwerk zur Serien- und schließlich zur Massenproduktion. Nicht nur Stühle, auch Tische, Sessel, Liegen und Garderoben wurden und werden in Bugholztechnologie gefertigt, immer wieder in Kooperation mit namhaften DesignerInnen und ArchitektInnen.
Ab den 1930er Jahren konzentrierte sich Thonet auf ein zweites Material und stieg zum weltweit größten Produzenten von Stahlrohrmöbeln auf. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde immer wieder versucht, an zeitgenössische Entwicklungen des internationalen Möbeldesigns anzuknüpfen beziehungsweise selbst zum Trendsetter zu werden.
Knapp 240 Exponate lassen MAK-Kurator Sebastian Hackenschmidt, Kustode MAK-Sammlung Möbel und Holzarbeiten, und Gastkurator Wolfgang Thillmann, hochkarätiger wissenschaftlicher Experte für die Geschichte von Thonet, in die Ausstellung einfließen. Die Möbel werden zu jeweils zwei bis drei Objekten und damit rund 100 Vergleichen gruppiert. Damit gelingt ein fundierter Einblick in materialtechnologische Entwicklungen, typologische Parallelen und ikonografische Affinitäten.
Bugholzmöbel treffen auf Stahlrohrmöbel und Plastiksessel, klassische Bürostühle und avantgardistische Möbelexperimente, aber auch vereinzelte Referenzbeispiele aus der Biedermeierzeit oder höfische Möbel. Verwandtschaften und Korrespondenzen sowie Kontraste und Divergenzen mit anderen Herstellern sind ebenso abzulesen wie Brüche und Zäsuren, die die Weiterentwicklung der Möbelproduktion vorantrieben.
Die zeitlose Ästhetik und perfekte Form der Thonet-Möbel ist immer wieder Inspirationsquelle für zeitgenössische KünstlerInnen, DesignerInnen und ArchitektInnen. Mit gezielt in der Ausstellung platzierten Werken u. a. von Birgit Jürgenssen, Bruno Gironcoli, Rolf Sachs, Uta Belina Waeger und Markus Wilfling wird die Strahlkraft der Bugholztechnik aus künstlerischer Perspektive thematisiert.
Ausstellung noch bis zum 6. September 2020
Öffnungszeiten:
Di 10:00–22:00 Uhr, Mi–So 10:00–18:00 Uhr
MAK, Stubenring 5, 1010 Wien
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